Ältere Frau mit Brille lächelnd am Laptop
News & Trends  | 26 Aug 2024

Digitale Barrierefreiheit ist bis 2025 nicht mehr optional

Die wichtigsten Anforderungen aus dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG)

Porträt von Dorothee Haensch
Dorothee Haensch

Das Internet und Informationstechnologien ermöglichen einfachen und schnellen Zugang zu Information, Kommunikation, Unterhaltung und Konsumangeboten – sogar mobil über das Smartphone. Die Nutzung von Webinhalten im privaten und auch im beruflichen Kontext ist heute ein wichtiger Teil des Lebens und der Arbeitswelt – vorausgesetzt, man hat das Privileg, diese Inhalte auch ohne Einschränkung nutzen zu können. Digitale Inklusion ist ein Thema, das heute noch nicht zum Standard digitaler Plattformen und Services zählt.  

Spoiler: Dies wird sich zeitnah ändern – Unternehmen werden ab 2025 mit Inkrafttreten des Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) dazu verpflichtet, digitale Barrierefreiheit auch für Online-Services wie E-Commerce und Onlinebanking sicherzustellen. Mehr zu den neuen gesetzlichen Anforderungen und der Umsetzung erfahren Sie in diesem Artikel.   

Der Status quo 

Bereits seit Mai 2019 müssen öffentliche Einrichtungen in Deutschland  ihre Online-Inhalte barrierefrei präsentieren und sicherstellen, dass sie uneingeschränkt nutzbar und zugänglich sind. Diese Regelungen für IT-Barrierefreiheit sind in verschiedenen Richtlinien festgehalten. In folgenden offiziellen Quellen finden Sie den aktuellsten Stand (2023) zu den verbindlichen Anforderungen an digitale Accessibility: 

Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) 

Das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) ist ein zentrales rechtliches Instrument zur Förderung der Barrierefreiheit für Menschen mit Behinderungen in Deutschland. Es legt die Grundprinzipien und Anforderungen fest, um die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen in verschiedenen Lebensbereichen sicherzustellen. 

Barrierefreie Informationstechnik-Verordnung (BITV 2.0) 

Die Barrierefreie Informationstechnik-Verordnung (BITV 2.0) ist eine spezifische deutsche Vorschrift, die im Rahmen des BGG erlassen wurde. Sie konkretisiert die Anforderungen an die Barrierefreiheit von digitalen Informationen und Kommunikationstechnologien, insbesondere auf staatlichen Websites. Sie dient zur Sicherzustellung von gleichberechtigtem Zugang zu digitalen Inhalten und Diensten. So bietet sie zum Beispiel eine Checkliste an, mit der digitale Barrierefreiheit sichergestellt werden soll. 

Web Content Accessibility Guidelines(WCAG 2.1) und PDF/UA Standard 

Die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG 2.1) und der PDF/UA Standard sind weltweit anerkannte Richtlinien und Standards zur Verbesserung der Barrierefreiheit von Webinhalten und PDF-Dokumenten. Sie dienen als wichtige Grundlage für die Gestaltung und Prüfung barrierefreier digitaler Inhalte. 

Europäische Norm EN 301 549

Die Europäische Norm EN 301 549 ist ein internationaler Standard, der sich auf die Barrierefreiheit von Informationstechnologie und Kommunikationsdiensten in der Europäischen Union bezieht. Diese Norm harmonisiert die Anforderungen, erleichtert den Handel mit barrierefreien Produkten und Dienstleistungen in der EU und unterstützt die Umsetzung des European Accessibility Act. 

European Accessibility Act  

Der European Accessibility Act ist eine EU-Richtlinie, die die Barrierefreiheit von Produkten und Dienstleistungen für Menschen mit Behinderungen in der gesamten Europäischen Union fördert. Er hat das Ziel, ein einheitliches und höheres Maß an Barrierefreiheit in verschiedenen Bereichen sicherzustellen. 

Brille neben Laptop

Was ändert sich für mein Unternehmen 2025? 

Unternehmen, die nicht zu öffentlichen Einrichtungen zählen, sind aktuell noch nicht gesetzlich dazu verpflichtet, ihre digitalen Inhalte barrierefrei zu gestalten. Das wird sich aber 2025 mit Inkrafttreten des Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) ändern. 

Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz ist eine deutsche Gesetzgebung, die die Umsetzung der oben genannten EU-Richtlinien zur Barrierefreiheit in nationales Recht überträgt und die Anforderungen des European Accessibility Act auf nationaler Ebene konkretisiert. Es stärkt die Verpflichtungen zur Gewährleistung der Barrierefreiheit in Deutschland. 

Das BFSG gibt also verbindliche Vorgaben zum barrierefreien Zugang von Services und Produkten wie Geldautomaten, Selbstbedienungsterminals, E-Book-Readern, Online-Banking und E-Commerce. Das Gesetz beinhaltet auch eine Marktüberwachungsbehörde, die bei Nichteinhaltung nach entsprechenden Fristen den Verkauf von Services oder Produkten untersagen kann. Es ist also ratsam, dieses Thema heute schon zu berücksichtigen und in die Technologie-, Design- und Content-Strategie zu integrieren. 

Wie schaffe ich digitale Barrierefreiheit? 

Hier sind einige Schritte zur Optimierung von Web-Inhalten, um digitale Barrierefreiheit auf Ihrer Plattform zu schaffen: 

Bildbeschreibungen und Alt-Texte 

Stellen Sie sicher, dass Bilder und Grafiken auf Ihrer Website mit präzisen und sinnvollen alternativen Texten versehen sind, die für Screenreader verständlich sind. Dadurch können blinde oder sehbehinderte Nutzer:innen wahrnehmen, was auf den Inhalten dargestellt ist. 

Überschriften und semantischer HTML-Code 

Verwenden Sie Überschriften (H1, H2, H3 usw.) und semantischen HTML-Code, um die Struktur Ihrer Webseite klar und verständlich zu gestalten. Dies erleichtert die Navigation für Benutzer:innen mit Screenreadern und sorgt für eine konsistente Hierarchie. Gleichzeitig ist dies auch ein wichtiger Rankingfaktor für Suchmaschinen. 

Kontrast 

Stellen Sie sicher, dass Texte, Klickflächen und Grafiken auf Ihrer Webseite ausreichend Kontrast zum Hintergrund bieten, um die Lesbarkeit zu erhöhen. Dies ist besonders wichtig für Menschen mit Sehschwächen. 

Tastaturzugänglichkeit 

Sorgen Sie dafür, dass alle Funktionen Ihrer Webseite auch ohne Mausbedienung zugänglich sind. Stellen Sie sicher, dass Benutzer problemlos alle Interaktionen mit der Tastatur durchführen können und dass die Tastaturreihenfolge korrekt ist. 

Untertitel und Transkripte 

Generieren Sie Untertitel für Videoinhalte und erstellen Sie Transkripte für Audioinhalte. Dies unterstützt gehörlose und schwerhörige Nutzer:innen und bietet auch Personen, die Inhalte lieber ohne Ton konsumieren, uneingeschränkten Zugang. 

Prüfung auf Zugänglichkeit 

Nutzen Sie Tools und Services zur Überprüfung der Zugänglichkeit, um sicherzustellen, dass Ihre Webseite die geltenden Standards für Barrierefreiheit erfüllt. Ein bekanntes Werkzeug dafür ist beispielsweise der WAVE-Webzugänglichkeitsprüfer

Barrierefreie Formulare 

Erstellen Sie Formulare, die mit Screenreadern kompatibel sind und sorgen Sie dafür, dass eine mögliche Fehlermeldung auch bei Nutzung dieser Tools klar und präzise ist. 

Barrierefreie Navigation 

Stellen Sie sicher, dass die Navigation auf Ihrer Webseite klar und konsistent ist, um User:innen mit Screenreadern die Orientierung zu erleichtern. 

Skalierbare Schriftarten 

Gestalten Sie Ihre Webseite so, dass die Schriftgröße problemlos vergrößert oder verkleinert werden kann, ohne dass die Lesbarkeit beeinträchtigt wird. 

Testphasen mit Nutzergruppe 

Testen Sie Ihre Webseite mit echten User:innen mit Einschränkungen, um sicherzustellen, dass sie gut zugänglich ist und die Bedürfnisse dieser Nutzergruppe erfüllt. 

Schulung und Sensibilisierung 

Schulen Sie Ihr Team und erhöhen Sie das Bewusstsein für das Thema Barrierefreiheit, um sicherzustellen, dass die Prinzipien der digitalen Barrierefreiheit teamübergreifend in Ihre Arbeitsabläufe integriert werden. 

Gehen Sie spätestens 2024 in die Umsetzung digitaler Barrierefreiheit 
Noch einmal: Am 28. Juni 2025 triff das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz in Kraft – damit ist digitale Barrierefreiheit nicht mehr optional und kann bei Nichteinhalten sogar sanktioniert werden.

Unternehmen, die sich heute schon mit dem Thema Barrierefreiheit auseinandersetzen, sichern sich nicht nur einen zeitlichen Puffer für die Umsetzung digitaler Accessibility, sondern schaffen sich auch einen Wettbewerbsvorteil, indem sie neue Zielgruppen einbeziehen. 

Unsere Expert:innen von diva-e unterstützen Sie gern mit einem individuellen Accessibility Audit bei der Optimierung der Inhalte Ihrer digitalen Plattform, um gemeinsam bereits vor 2025 ein optimales barrierefreies Set-up zu schaffen.  

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Dorothee Haensch

Dorothee Haensch ist seit 2023 als Senior Marketing Manager Teil der diva-e. Als Expertin für Content im Softwarebereich geht sie den Anforderungen unterschiedlicher Industrien auf den Grund und erstellt Inhalte, die Unternehmen dabei helfen, aktuelle Probleme zu lösen und zukünftige Herausforderungen zu meistern.

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